Schwanger werden: was du wissen solltest
Die meiste Zeit unserer fruchtbaren Jahre versuchen wir sicher zu verhüten. Dabei vergessen wir oft, dass schwanger werden auch nicht einfach ist. Mit Kinderwunsch fangen viele Frauen an sich mit ihrem Zyklus zu beschäftigen: wann muss ich Geschlechtsverkehr haben, um schwanger zu werden? Habe ich einen Eisprung? Ist mein Zyklus gesund genug, damit ich schwanger werden kann?
In diesem Artikel erfährst du, wie du deine fruchtbaren Tage bestimmst, welche Voraussetzungen im Zyklus erfüllt sein müssen, damit du schwanger wirst und wie du herausfindest, ob dein Zyklus diese Voraussetzungen erfüllt.
1. Die fruchtbare Zeit im Zyklus
Du bist nicht den gesamten Zyklus über fruchtbar. Es ist deswegen wichtig, dass du das richtige Timing nutzt, um schwanger zu werden. Es gibt nur ca. 6 Tage im Zyklus an denen bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr eine Befruchtung stattfinden kann. Diese Tage setzten sich aus der maximalen Befruchtungsfähigkeit der Spermien (5 Tage) und der maximalen Befruchtungsfähigkeit der Eizelle (12-18h) zusammen. Eine Befruchtung kann bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr ab ca. 5 Tage vor bis inklusive des Eisprungs stattfinden. Apps in die du deine Menstruation einträgst, können dir übrigens nicht zuverlässig deine fruchtbaren Tage anzeigen!
2. Der Eisprung
Um schwanger zu werden, muss in deinem Zyklus ein Eisprung stattfinden. Während des Eisprungs wird eine Eizelle aus dem Eierstock freigegeben. Die Eizelle wird vom Eileiter aufgenommen und ist dort für 12-18 Stunden befruchtungsfähig. Der Eisprung ist das zentrale Event in deinem Zyklus. Die Phase, bis der Eisprung, ausgelöst wird ist die sogenannte Follikelphase. Diese Phase ist am anfälligsten für äußere Einflüsse und Stress. Deswegen kann es vorkommen, dass in einem Zyklus oder über längere Zeit kein Eisprung ausgelöst wird. Es kann trotzdem zu einer Blutung kommen.
Ohne Eisprung, kannst du nicht schwanger werden. Deswegen ist es bei Kinderwunsch wichtig zu bestätigen, dass ein Eisprung stattfindet. Zur Bestätigung des Eisprungs kann die Basaltemperatur genutzt werden. Die Basaltemperatur ist deine Körperkerntemperatur direkt nach dem Aufwachen, noch bevor du aufgestanden bist. Deine Basaltemperatur steigt nach dem Eisprung um 0,2-0,5 Grad an. Hast du im Zyklus eine Temperaturhochlage, kannst du bestätigen, dass ein Eisprung stattgefunden hat. Mit Bestätigung des Eisprungs ist die fruchtbare Zeit für diesen Zyklus vorbei und damit auch deine Chance schwanger zu werden.
3. Den richtige Zeitpunkt bestimmen
Die Eizelle ist nach dem Eisprung für 12-18 Stunden befruchtungsfähig. Glücklicherweise muss aber nicht genau in den 12-18 Stunden Geschlechtsverkehr stattfinden, damit eine Schwangerschaft eintritt. Spermien können, mit dem richtigen Zervixschleim, bis zu 5 Tage befruchtungsfähig in der Gebärmutter überleben und auf den Eisprung warten. Wichtig für die Entstehung einer Schwangerschaft ist, dass du in diesen hochfruchtbaren Tagen Geschlechtsverkehr hast.
Der Start der fruchtbaren Phase ist abhängig vom Zeitpunkt des Eisprungs. Du kannst nicht anhand deiner Zyklustage sagen, wann deine fruchtbare Zeit beginnt. Aber du kannst sie anhand der Beobachtung deiner Körperzeichen bestimmen.
Vor dem Eisprung steigt dein Östrogenlevel. Das Hormon sorgt dafür, dass dein Zervixschleim (das was viele als Ausfluss kennen) und dein Muttermund sich verändern. Durch die Beobachtung dieser beiden Körperzeichen kannst du den Beginn deiner fruchtbaren Zeit und den Höhepunkt der Fruchtbarkeit bestimmen.
Die Wahrscheinlichkeit schwanger zu werden ist in den 2-3 Tagen vor dem Eisprung am größten. Das sind meistens auch die Tage mit der individuell besten Zervixschleim-Qualität und wenn dein Muttermund weich und geöffnet ist.
4. Ausreichend Progesteron
Wird die Eizelle innerhalb der 12-18 Stunden nach dem Eisprung befruchtet, wandert sie ca. 5-6 Tage in die Gebärmutter. Dort nistet sie sich – bestmöglich – ungefähr 7 Tage nach dem Eisprung in der Gebärmutterschleimhaut ein.
Die Gebärmutterschleimhaut wird durch das Hormon Progesteron aufrechterhalten und gut mit Nährstoffen versorgt. Progesteron wird durch den sogenannten Gelbkörper produziert. Das ist die Eihülle der gesprungenen Eizelle, die nach dem Eisprung im Eierstock verbleibt und umgewandelt wird. Wenn beim Eisprung ein ausreichend stabiler Gelbkörper gebildet wird, dann ist dieser in der Lage die Progesteronproduktion ausreichend lange aufrecht zu erhalten und damit die Gebärmutterschleimhaut und auch die eingetretene Schwangerschaft. Der Gelbkörper muss stark genug sein die Schwangerschaft für 10-12 Wochen aufrecht zu erhalten, ab dann übernimmt die Plazenta die Produktion von Progesteron.
Die Stabilität deiner Lutealphase kannst du anhand deiner Basaltemperatur erkennen. Progesteron lässt deine Basaltemperatur um 0,2-0,5 Grad ansteigen. Der Zyklus zeigt eine Temperaturtieflage und eine Temperaturhochlage.
Abbildung: Darstellung des Verlaufs der Basaltemperatur im Zyklus (beispielhaft)
Die Stabilität der Lutealphase kannst du anhand der Tage in Temperaturhochlage sehen (mindesten 10 Tage) und auch anhand deines Blutungsmusters. Wenn du vor der Menstruation bereits Schmierblutungen hast, spricht das eher für eine instabile Lutealphase.
Hinweis: Eine instabile Lutealphase in einem Zyklus bedeutet nicht, dass generell ein Problem bei der Progesteronproduktion vorliegt! Jeden Zyklus besteht erneut die Chance einen ausreichend stabilen Gelbkörper zu bilden. Außerdem hängt die Bildung eines starken Gelbkörpers vor allem mit den Hormonen vor und während des Eisprungs zusammen.
5. Schwanger werden: die Wahrscheinlichkeit
Die Wahrscheinlichkeit innerhalb eines Zyklus schwanger zu werden liegt nur bei 30% [1]! 30% auch wenn beide Partner gesund und fruchtbar sind und das richtige Zeitfenster genutzt haben. Es ist also normal, dass es nicht direkt beim ersten Anlauf funktioniert.
Trotzdem kannst du die Wahrscheinlichkeit schwanger zu werden beeinflussen. Die Methode dafür nennt sich NFP. Unter natürlicher Familienplanung (NFP) versteht man die Beobachtung von Zervixschleim, Muttermund und Basaltemperatur, um die fruchtbaren und nicht fruchtbaren Zeiten im Zyklus zu bestimmen. Dadurch bestimmst du tagesaktuell deine fruchtbare Zeit. Außerdem kannst du mit der Methode, feststellen, ob du einen Eisprung hast und ob dein Zyklus ausreichend gesund ist, um eine Schwangerschaft aufrechtzuerhalten.
Studien zeigen, dass 42% der Anwenderinnen von NFP im ersten Monat schwanger werden, während Frauen, ohne NFP Erfahrung nur zu 20% im ersten Monat schwanger werden [2].
Abbildung: Schwangerschaftsraten mit und ohne NFP-Erfahrung in % [2]
Eine mögliche Erklärung dafür, dass NFP-Anwenderinnen schneller schwanger werden? Sie wissen, wann sie fruchtbar sind, wie sie ihre hochfruchtbare Zeit bestimmen und ob ihr Zyklus ausreichend gesund ist, um eine Schwangerschaft zu erhalten. Weitere Vorteile von NFP bei Kinderwunsch:
- du kannst eine Schwangerschaft erkennen (oft früher als Schwangerschaftstests anschlagen)
- du kannst den voraussichtlichen Entbindungstermin auf Basis der Befruchtung berechnen. Das ist oft genauer als auf Basis deiner letzten Menstruation
- du lernst deinen Zyklus und deinen Körper neu kennen und bekommst ein neues, positives Körpergefühl
6. Fazit
Deine Körperzeichen Zervixschleim, Muttermund und Basaltemperatur geben dir wichtige Hinweise darüber, ob du einen Eisprung hast und ob deine Hormone ausreichend gesunde Level erreichen, um eine Schwangerschaft aufrechtzuerhalten.
Außerdem helfen sie dir dabei die hochfruchtbaren Tage im Zyklus zu erkennen. Mit deiner Zyklusaufzeichnung kannst du außerdem zyklusbedingte Ursachen für den bisher unerfüllten Kinderwunsch feststellen oder ausschließen. Eine Methode, mit der du deine Körperzeichen beobachtest und auswertest ist NFP. Studien zeigen, dass du mit NFP tendenziell schneller schwanger wirst. Ein positiver Nebeneffekt? Ein neues Körpergefühl.
Quellen:
[1] Raith-Paula, Frank-Herrmann, Freundl, Strowitzki (2013). Natürliche Familienplanung heute. (5) Springer Verlag
[2] Gnoth 1996 und Evers 2002 in “Handbuch für NFP Berater und NFP Beraterinnen Medizinischer Teil” der Arbeitsgruppe NFP